Beginn der Subjektiven (kurzen) Verjährungsfrist
Schadenersatzpflicht infolge sexuellen Missbrauchs bejaht – zum Beginn der subjektiven (kurzen) Verjährungsfrist; Kurzzusammenfassung zu OGH 1 Ob 124/13m vom 18.07.2013
In der Entscheidung 1 Ob 124/13m hatte der Oberste Gerichtshof die Frage zu beantworten, ob ein Kläger, welcher im März des Jahres 1982 durch den damaligen Leiter eines Internats massiv sexuell missbraucht worden war, seineSchadenersatzansprüche auch gegenüber der das Internat betreibenden Abtei geltend machen kann. Entscheidend hierfür war, wann der Lauf der (subjektiven) dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 1489 Satz 1 ABGB ausgelöst wird.
Ergebnis:
Laut Oberstem Gerichtshof ist das für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist maßgebliche Tatbestandsmerkmal der Kenntnis von Schaden und Schädiger so zu verstehen, dass in Fällen der Verschuldenshaftung dem Geschädigten alle Umstände bekannt sein müssen, die den Vorwurf eines schuldhaften Verhaltens eines Ersatzpflichtigen sowie den Kausalzusammenhang zwischen dessen Verhaltenund dem eingetretenen Schaden begründen.
Unter diesen Gesichtspunkten trifft die Verantwortlichen der Abtei insofern ein haftungsbegründender Vorwurf, als diese gegenüber den schutzbefohlenen Jugendlichen die Verpflichtung, alles zu unterlassen, was für sie erkennbar eine erhebliche Gefahr darstellen würde, verletzt haben.
Trotz Kenntnis der kriminellen sexuellen Neigungen des Internatsleiters in den späten 1960er Jahren haben dieVerantwortlichen der Abtei den späteren Täter zum Internatsleiter bestellt. Die Abtei haftet somit für sämtliche nachteiligen Folgen durch das Verhalten ihres Internatsleiters, zumal dessen kriminelles Verhalten gegenüber dem Kläger sowohl in Zusammenhang mit dem Internatsbetrieb als auch mit seiner Stellung als Internatsleitererfolgt ist.
Nachdem der Kläger seinerseits erst im Jahr 2012 Kenntnis davon erlangt hat, dass die Verantwortlichen der Abtei den Täter trotz Kenntnis über dessen kriminelle sexuelle Neigungen in den späten 1960er Jahren zum Internatsleiter bestellt haben, hatte der Kläger laut uE zutreffender Ansicht des Obersten Gerichtshofes erst im Jahr 2012 – unstrittig vor Ablauf der (objektiven) 30-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 1489 Satz 2 ABGB – umfassende Kenntnis vom schuldhaften Verhalten der beklagten Partei erlangt. Die (subjektive) 3-jährige Verjährungsfrist hat folglich erst zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen und ist die beklagte Partei im Ergebnis dem Kläger gegenüber zum Ersatz des aufgrund des sexuellen Missbrauchs durch den damaligen Internatsleiter erlittenen Schadens verpflichtet.